Epidemiologische Selbstisolierung

vorsichtig – um 1978

Wir berieten mit Experten in Genf neue Regeln im Umgang mit höchstgefährlichem Infektionsmaterial. Den Vorsitz hatte der Leiter des damals modernsten Isolierlabors der Welt (sogenanntes P4-Labor). Tags zuvor hatte er in diesem Labor in den USA noch mit Proben aus Afrika von einem Seuchenausbruch unbekannter Ursache zu tun, in dessen Verlauf dort ca. 60 Menschen gestorben waren. Erste Symptome betrafen anscheinend den Magen-Darm-Trakt. Man dachte an das „Marburg-Virus“ und das eben entdeckte Ebola-Virus und Unbekanntes.

Am zweiten oder dritten Tag unseres Expertengesprächs erkrankte der Vorsitzende mit Erbrechen und schweren Darmkrämpfen. Ohne großes Aufsehen begab er sich sofort in die Isolierabteilung des kantonalen Krankenhauses in Genf. Besondere Regularien für das Verhalten bei einem solchen Fall gab es damals nicht. Als WHO-Sekretär hatte ich zum Erkrankten den engsten Kontakt. Denn ich saß die Tage vor Auftreten der Symptome direkt neben ihm am Kopf des Sitzungstisches und tauschte mit ihm ständig Notizen und Dokumente aus. Die „Isolierstation“: das Chalet in den Schweizer Bergen

Die „Isolierstation“: das Chalet in den Schweizer Bergen
Die „Isolierstation“: das Chalet in den Schweizer Bergen

Ich zeigte zwar (noch) keine Symptome, betrachtete mich aber als ansteckungsverdächtig. Zur Vorsicht setzte ich mich ins Auto und fuhr direkt in mein Chalet, 1600 m hoch in den Bergen über Verbier. Schon nach wenigen Tagen fand meine sorgenvolle Selbstisolierung ein glückliches Ende. Der Vorsitzende unserer Tagung war an einer banalen Lebensmittelinfektion erkrankt. Möglicherweise war an allem ein simples Würstchen mit Mayonnaise schuld, das er auf seiner Flugreise nach Genf bei einem Zwischenaufenthalt in Amsterdam an einer Wurstbude zu sich genommen hatte.