Romantische Kombi-Toilette auf dem Fischteich

praktisch – 1986

In Entwicklungsländern verbringen Tierärzte nun mal mehr Zeit auf dem Lande als in den Metropolen. Touristisch und zwischenmenschlich ist das oft zauberhaft, aber häufig auch ohne Strom und ohne reines bzw. fließendes Wasser, ganz abgesehen von der Qualität der Toiletten und Abwasseranlagen. Da lassen sich die Menschen auf dem Lande schon etwas einfallen. Wozu dient mitten in einem asiatischen Dorf ein runder Teich von ca. 80 m Durchmesser? Ein schwankender Steg mit Bambusgeländer führt zu einer überdachten, ansonsten allseitig offenen Bambus-Insel auf Pfählen inmitten des Teiches. Dort gibt es eine ca. 5 m lange Sitzbank mit Öffnungen zur freien Sicht auf gewaltige Fischknäuel im Wasser. Schon auf dem Steg dieser fischbiologischen Kläranlage erlebt man die hungrigen Wasserbewohner. Erwartungsvoll wird man von ihnen zur Sitzbank begleitet. Das Ganze erweist sich als kombinierte Toiletten- und Kläranlage.

Balanceakt auf dem Weg zum stillen Örtchen
Balanceakt auf dem Weg zum stillen Örtchen

Die Dorfbewohner profitieren von der Tatsache, dass Darmbakterien der Warmblüter (Mensch) sich in Kaltblütern (Fisch) recht freudlos verhalten und dort ihr Dasein als Infektionserreger in der Regel rasch beenden. Sie werden zu simplem Nährstoff – und Vitaminspendern für nachhaltige Fischproduktion. Auch Geruchsstoffe werden so effektiv neutralisiert und vom Dorf ferngehalten. (Vor dem Genuss sollte man diese Fische aber doch wohl mehrere Tage lang in leicht fließendem Wasser reinigen und dann gut durchrösten.)

Der Leser möge mir verzeihen, dass ich die ansonsten wunderbare Gastfreundschaft in diesem Dorf nach meinem ersten Toilettenbesuch nicht länger in Anspruch genommen habe und deshalb über Vertrieb, Verarbeitung und Verzehr der stattlichen Fische im Ungewissen blieb.