Gefährliche Xerox-Maschine

verdächtig – um 1980

Wie leicht war es doch, von der WHO aus mit Ostblockländern zusammenzuarbeiten. Viele Wissenschaftler kamen auch zu Expertengesprächen nach Genf und erlebten so unsere Neuerungen in der Bürotechnik. Wer gewohnt war, bei Tagungen mit Kurbel, Walze und blauen Fingern bis Mitternacht Kopien von Tischvorlagen und Abschlussberichten zu erstellen, der konnte in den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts über die ersten Fotokopiergeräte nur staunen. Verständlich, dass auch unsere Freunde in einem „WHO Collaborating Center“ in Moskau scharf auf so ein modernes Gerät waren.

Wir hielten für die technische Zusammenarbeit in Genf US-Dollar-Konten bereit. Also folgte die WHO der Bitte, für ein solches Zentrum an einem großen Zentralinstitut der UDSSR, einen „Xerox-Kopierer“ zu besorgen. Alles sei vorbereitet und von den verschiedenen Dienststellen genehmigt. Ich sollte das damals noch über 1 m hohe und recht schwere Gerät aber nicht per Fracht schicken lassen, sondern bei meiner nächsten Reise nach Moskau als normales Gepäckstück mitbringen und damit durch den Sonderausgang für Diplomaten und Flugpersonal kommen. Durchschläge einiger Papiere wurden mir zugeschickt. So wagte ich die Reise. Wie vereinbart, standen in Moskau dann auch auf der anderen Seite die Kollegen mit allen ihren Unterlagen bereit. So weit – so gut, aber denkste!!

Ich verbrachte mit diesem Ungetüm auf dem Rollwagen über 2 Stunden in dem engen Korridor zwischen internationaler Ankunftshalle und juristisch einwandfreiem Moskauer Boden. Eine automatische Kopiermaschine? Dort noch nie gesehen! So ein Gerät kann doch geistige Munition verschießen, schlimmer als 100 Kalaschnikows! Und dazu der Reisende: ein Westdeutscher mit UN-Pass. Das war alles mehr als obskur. Meine russischen Freunde, die mich abholten, mussten wohl einiges unternehmen, um den Verdacht eines konspirativen Coups zu zerstreuen.

Endlich wurde ich mit aller Höflichkeit ins Land gelassen. Ich blieb unbehelligt, aber die Xerox-Maschine kam nie mehr zum Vorschein. Ich hatte wohl die Falschen bedient.